Susanne Mathes, vom 22.06.2017 00:00 Uhr, Kornwestheimer Zeitung

 

Kornwestheim – Auf den ersten Blick geht es um unternehmerische und rechtliche Formalien – zwei Vereine gründen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, um zusammen ein Fest auszurichten, und melden bei der Stadt ein Gewerbe an. Doch dahinter stecken größere Themen: Der gesellschaftliche Wandel und Fragen der Vereinsfinanzierung sind es, die Liederkranz und Städtische Orchester zu dem Entschluss gebracht haben, statt zweier großer Sommerfeste nur noch eines anzubieten – das aber gemeinsam.

„Wir tun uns immer schwerer, das Gartenfest alleine zu stemmen. Zusätzliche Helfer haben wir schon immer gebraucht, aber je älter unsere Mitglieder werden, desto beschwerlicher werden der Aufbau und die Besetzung der Schichten“, schildert Reinhard Wagner, Vorsitzender des Liederkranzes. Michael Meyle, Chef der Städtischen Orchester, sagt: „Obwohl wir viel mehr Mitglieder haben, ist auch bei das Helferfeld überschaubar. Für uns waren aber vor allem wirtschaftliche Aspekte ausschlaggebend.“ Es sei immer schwieriger gewesen, das Musikfest auf dem Marktplatz mit seinen hohen Fixkosten rentabel zu gestalten. Beide Vereine brauchen die Feste als finanzielle Grundlage, um Notenmaterial, Dirigenten oder Proberäume zu bezahlen – was rein aus Mitgliederbeiträgen nicht zu bestreiten wäre. Beide Vereine sehen sich auch ein Stück weit in der Verpflichtung: Sie wissen, dass ihre Feste in der Stadt zu den Publikumsmagneten gehören. Und so, sagt Wagner, reifte bei beiden Vereinen die Einsicht: „Wenn es weitergehen soll, muss sich etwas verändern.“

Die Veränderung sieht nun so aus, dass es von diesem Jahr an kein Musikfest mehr gibt. Stattdessen stellen Liederkranz und Städtische Orchester vom 7. bis zum 10. Juli mit vereinten Kräften das erste gemeinsame Musik- und Gartenfest auf die Beine. Es wird aber das charakteristische Gepräge des Gartenfestes behalten, bei dem sich zu Stoßzeiten mehr als 2000 Besucher gleichzeitig auf der Festwiese drängen.

Dieses sei, wie Michael Meyle neidlos anerkennt, das Traditionsfest in Kornwestheim schlechthin, „das konnte auch unser Musikfest nicht toppen“. Die Lage auf dem Liederkranz-Grundstück mit Schatten spendenden Obstbäumen, die vereinseigene Festscheune, das Equipment: All das seien dicke Pluspunkte, steht für Meyle fest. Auch das kulinarische Angebot und die Preise sollen sich nicht ändern. „Neu ist“, so Meyle, „dass wir noch unseren Bar-Betrieb beisteuern, mit dem wir zuletzt auf den Kornwestheimer Tagen wieder viel Erfolg hatten“. Beisteuern wird der größere Verein natürlich auch Helfer, die beim Aufbau und beim Fest selbst mit anpacken.

Wer glaube, dass man personell nun aus den Vollen schöpfen könne, sitze allerdings einem Irrtum auf, berichten die beiden Vereinsvorsitzenden. „Da ist Klinkenputzen bis zum letzten Tag angesagt“, berichtet Meyle. „Es gibt für unsere Schichten 300 Kästchen. Und in jedem Kästchen muss bis zum 7. Juli ein Name stehen.“

Beisteuern werden die Städtischen Orchester auch die Musik. Am Freitag- und am Montagabend spielt das Große Blasorchester; das Frühschoppenkonzert am Sonntag gibt das Jugendblasorchester. Für Sonntagnachmittag holen die Städtischen Orchester die befreundete Stadtkapelle Freiberg nach Kornwestheim, „im Gegenzug spielen wir dann nächstes Jahr auf ihrem Fest in Freiberg“, erzählt Meyle. Den Samstagabend übernehmen mit den Neckartäler Musikanten alte Liederkranzfest-Bekannte.

Mit an den Oßweiler Weg zieht am Sonntag, 9. Juli das Kinderfest. 15 Vereine und Organisationen nehmen unter den veränderten Gegebenheiten teil. Das freut die Organisatoren von der „Musik- und Gartenfest Kornwestheim GbR“, auch wenn es noch ein Puzzle ist, auf welchen Wiesen und Wegen die Angebote platziert werden können. „Zum Glück“, meint Reinhard Wagner, „haben wir zu den Angrenzern an unser Grundstück gute Kontakte.“

Und wie wird verteilt, was unterm Strich übrig bleibt? „Es gibt einen festgelegten Schlüssel, den wir in aller Offenheit vorher besprochen haben“, sagt Meyle. Diese Offenheit, ergänzt Wagner, sei ohnehin Basis des gesamten Unterfangens. „Das gegenseitige Vertrauen ist ganz wichtig, und das ist bei uns da. Wir kennen uns schon lange und verstehen uns gut.“ Meyle, durch sein Elternhaus mit dem Liederkranz aufgewachsen, lacht und erinnert sich: „Als Helfer habe ich schon als Fünfjähriger beim Liederkranzfest angefangen – mit Bierkrüge-Einsammeln.“

 

Dem Wandel ein Schnippchen schlagen

Im Akkord arbeiten die Helfer, wenn am Oßweiler Weg das Liederkranzfest steigt. Das heißt jetzt anders: Die Städtischen Orchester sind als Veranstalter mit eingestiegen. Michael Meyle und Reinhard Wagner unterzeichnen die Gewerbeeintragung. Foto: Kornwestheimer Zeitung, Archiv/Kiefer