Von Klassik über Filmmusik bis zu Neue Deutsche Welle

Das war ein Abend, der Laune machte: Fast die ganze musikalische Bandbreite deckten die Städtischen Orchester Kornwestheim bei ihrem Jahreskonzert ab. Der Vorsitzende Michael Meyle machte eine erfreuliche Ankündigung und Geschäftsführer Helmut Mack erhielt eine hohe Auszeichnung.

Thomas Faulhaber, 27. April 2023, Ludwigsburger Kreiszeitung

Von allem war etwas geboten: Klassik und Moderne, Melodien aus Film und Bühne, Gassenhauer und volkstümliche Tänze. Anspruchsvolle Notenliteratur interpretierten die Musikerinnen und Musiker in gewohnt routinierter Lockerheit, aber auf sehr hohem Niveau. Das Publikum war begeistert, auch wenn der Theatersaal im K nicht ganz ausverkauft war.
Sozusagen als Appetitanreger servierte das Sinfonieorchester den zweiten Satz von Mendelsohns Reformationssinfonie in anregend, flotter Leichtigkeit unter der Leitung vom langjährigen Dirigenten Andreas Kreisel. Seit 26 Jahren schon greift er in Kornwestheim zum Tacktstock. Das Mendelsohn-Werk war eigentlich schon 1830 fertig wurde aber erst zwei Jahre später uraufgeführt. Kurz davor war die Premiere gescheitet, weil die Partituren nicht rechtzeitig kopiert worden waren, erzählte Michael Meyle in seiner Moderation. Zu jedem Stück des Konzertes hatte er Wissenswertes und Unterhaltsames für die Gäste parat.
Im Anschluss entführten die Kornwestheimer Sinfoniker das Publikum in die unendlichen Weiten von Raumschiff Enterprise. Das Stück von Culvin Custer porträtiert die Stars der Sternenflotte, also Captain Kirk, Mr. Spock und Co. „Hätten wir das Budget eines Elon Musk, der es sich leisten kann, dass ihm eine Rakete um die Ohren fliegt, dann hätten wir Ihnen auch eine galaktische Lichtshow geboten“, scherzte Meyle. Es gab trotzdem ein musikalisches Feuerwerk. Zum Abschluss dieses Blocks ging es mit Moriskentänze vom futuristischen 22. zurück ins 12. Jahrhundert.
Das Conerto d’Amore von Jakob der Haan verbindet Barock, Pop und Jazz und damit gleich drei Epochen. Damit glänzte das Akkordeonorchester und Yuri Fedorov. Trotz des hohen Altersdurchschnitts ist das die jüngste Abteilung der Städtischen Orchester. Es ist hervorgegangen aus dem Handharmonica-Club. Eher leichtes Entertainment gab es dann mit Hans Rauchs Souvenirs de Suisse zu hören. Als Reminiszenz an die Eisenbahnstadt nahm anschließend der „Intercity“ von Adolf Götz Fahrt auf.
Kopfkino regte „Adventure“ von Markus Götz und gespielt vom Großen Blasorchester an. Es ist ein Epos, das ganz ohne Bilder auskommt. Mit allem was dazu gehört: Helden, Liebe, Kampf und Fabelwesen in instrumentaler Vielfalt und Gunnar Dieth als Chef. Danach war ein noch junger Marsch aus dem Jahr 2015 zum Jubiläum der Egerländer Rebellen zu hören. „Kaiserin Sissi ist mittlerweile mein Lieblingsmarsch“, verriet Meyle. Dass Mozart seinerzeit ein Popstar war, übersetze Toshihiko Sahashi in die Moderne. 686 Kompositionen auf acht Kilometer Notenpapier fasste er in fünf Minuten zusammen und vergaß dabei kaum einen Ohrwurm. Damit hatte sich auf Leonard Bernstein verewigt, in einem Medley aus der weltbekannten „West Side Story“. Das Orchester, allen voran Solist an der Posaune Sven Petrak, brachte mit dem bekannten Lied die Herzen zum schmelzen. Und weil das Publikum noch nicht genug hatte, verabschiedete sich das Große Blasorchester mit Schlagern der Neuen Deutschen Welle.
Zwischendrin heftete Kornwestheims Bürgermeisterin Martina Koch-Haßdenteufel noch dem Geschäftsführer der Städtischen Orchester, Dr. Helmut Mack, die Landesehrennadel ans Revers. Der 61-jährige Vertriebsmanager ist seit 1975 Mitglied im Verein und seit 35 Jahren in verantwortlicher Position. Bei „Dr. Vollgas“ liefen und laufen die Fäden vor, während und nach den Veranstaltungen zusammen. Er verlangt viel von den Beteiligten. Aber die Erfolge geben ihm recht.
Aber fehlte an dem Abend nicht noch etwas? Richtig. Der Auftritt des Jugendorchesters. „Das war das größte Opfer von Corona“, erklärte Meyle dem Publikum. Im Januar 2022 wurde das Nachwuchsensemble mangels Musikern aufgelöst. Dadurch sei ein kompletter Doppeljahrgang weggebrochen. Ein paar Verbliebene wurden ins große Orchester aufgenommen. Dort kümmern sich die Jüngeren um die ganz Jungen. Jetzt wird ein neuer Anlauf in Zusammenarbeit mit der städtischen Musikschule genommen. Nach den Sommerferien würden die Proben aufgenommen, damit beim nächsten Jahreskonzert der Nachwuchs wieder seinen Auftritt bekommt, kündigte Meyle an.