Wenn zwei Orchester zu einem verschmelzen

Mit einem großen Blasmusik-Konzert endete die Konzertwoche der Städtischen Orchester

Sabine Baumert, 23.04.2018, Kornwestheimer Zeitung

Unser Wohnzimmer“ nannte Michael Meyle liebevoll das K in seiner launigen Moderation. Er und seine Musikerkollegen rund um den stets aufmunternden, aber auch freundschaftlich auf die Instrumentalisten eingehenden Dirigenten Gunnar Dieth fühlten sich in der familiären Atmosphäre im voll besetzten Theatersaal hörbar wohl.
Seit etwa einem Jahr leitet Dieth nun beide Blasmusik-Ensembles der Städtischen Orchester, das Jugend-Blasorchester und das Große Blasorchester, für das er schon seit vielen Jahren verantwortlich ist. Besonders bei den beiden gemeinsamen Beiträgen – einem Medley mit Filmmelodien aus James-Bond-Filmen und der anschaulichen Schottland-Schilderung „Highland-Cathedral“ verschmolzen die beiden Orchester unter Dieths souveräner Leitung problemlos zu einem beeindruckenden Ensemble von über 90 Musikerinnen und Musikern.

Das Jugend-Blasorchester meisterte glänzend Pop- und Rockmusik aus beinahe 50 Jahren Musikgeschichte, von Disco-Hits der 1970er bis zur Musik von Coldplay, die ihnen sicher vor der Probenarbeit weitaus besser bekannt war.
Dazu verfügt es über zahlreiche Solistinnen und Solisten aus den eigenen Reihen, die teilweise ihren ersten Bühnenauftritt hatten und ihn gleich sicher absolvierten. Das hätten sich wahrscheinlich nicht viele Freunde der jungen Musiker im Publikum getraut: bis vorn an die Bühne zu treten und auswendig ein Solo zu spielen. Dementsprechend begeistert fiel der Beifall für die jungen Talente aus, von denen einige einen Kopf kleiner waren als ihre Nachbarn im Orchester. Sie musizierten gleichwohl genauso versiert wie die Älteren. „Wir haben eine super Zusammenarbeit mit den Städtischen Orchestern“, freute sich Sabine Segmiller, Leiterin der Städtischen Musikschule und gab damit den Ball an Michael Meyle zurück, der seinerseits die Zusammenarbeit mit der Musikschule gelobt hatte. Seit letztem Jahr engagieren sich Vanessa, Nikolai, Sarah und Moritz in der Jugendleitung und kümmern sich zusätzlich zur Probenarbeit um das zeitaufwendige Organisatorische.
Der Querflötistin Vanessa wäre zu wünschen, dass sich im Jugendorchester noch einige Instrumentenkolleginnen unterstützend an ihre Seite gesellen. Denn anders als im Leitungsteam ist sie derzeit mit ihrem Instrument allein – eine undankbare Aufgabe, denn die zarten Töne einer einzelnen Flöte können sich schwerlich gegen die geballte Power von Saxofonen, Klarinetten oder gar Trompeten und Posaunen durchsetzen.

Im Herbst hatte Albrecht Meincke, Schlagzeuglehrer an der Städtischen Musikschule, in Kooperation mit der Konzertreihe im K, begeisterte Hobby-Percussionisten in Workshops auf einen Auftritt mit den charismatischen Musikern von „Power!Percussion“ vorbereitet. Souverän und gekonnt präsentierte sich nun sein festes Schlagzeug-Ensemble der Musikschule. Wie die Profis benutzten die jungen Künstler Alu-Leitern und knallbunt bemalte Ölfässer für faszinierende Percussion-Elemente aller Art, zusammen mit akrobatischen Einlagen auf den obersten Leitersprossen. Das Große Blasorchester wurde einmal mehr seiner Einstufung in der Gruppe der wenigen Höchststufen-Orchester in Baden-Württemberg vollauf gerecht. Bei Traditionellem wie Edward Elgars hymnischem „Pomp and Circumstance“ fühlen sich die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten offenbar genauso wohl wie bei Otto M. Schwarz ´ Vertonung von Jules Vernes „Around the World in 80 Days“, das dem Publikum eine musikalische Weltreise im Schnelldurchlauf bietet, vom Orchester und Dirigenten aber blitzschnelles Umschalten zwischen verschiedensten Musikstilen verlangt.

Der „Balkan Dance“ von Etienne Crausaz fasst in kurzer Zeit alle komplizierten Rhythmen zusammen, die die osteuropäische Region überhaupt zu bieten hat. Gunnar Dieth, der das ganze Konzert auswendig dirigierte, vermochte es dabei, nicht nur allen die kniffligen Rhythmen deutlich anzuzeigen, sondern auch noch einzelnen Instrumentengruppen Einsätze zu geben.
Für James Lasts „Einsamen Hirten“ und die schottische „Highland Cathedral“ gesellte sich Multi-Instrumentalist Wolfgang Joos aus dem idyllischen Schwäbischen Wald als Solist auf Panflöte und Dudelsack zum Orchester. Er zauberte beschauliche Ruhe von Schäfer und Schafen genauso mitten in den Theatersaal wie kernige Musik aus den kargen schottischen Highlands. Als Dank für den begeisterten Beifall erklang deren Schlussteil noch einmal als Zugabe. Besonders erwähnt sei noch Michael Meyle, der permanent im Einsatz war und von seinem Platz im Orchester blitzschnell ans Moderator-Mikrofon wechselte. Seinen Musikerkollegen verschaffte er damit Verschnaufpausen, die er sich selbst allerdings nicht gönnte.